Post by schwarzemoewe on Oct 19, 2012 15:16:15 GMT
Stationen einer Sehnsucht
17.10.2012 - MAINZ
SOLOSTÜCK Anita Steiner rollt das Leben von Kaiserin Sisi als inneren Bilderbogen auf
Sie war eine der schillerndsten Frauenfiguren des 19. Jahrhunderts: modern, unangepasst, rebellierend gegen die Etikette des Hofes. Die Schauspielerin Antia Steiner bringt das Leben der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, besser bekannt als Sisi, auf die Bühne des Theaters im Loft.
Für Generationen prägte Romy Schneider das Bild der unglücklichen Kaiserin in den romantisierenden Verfilmungen der 1950er Jahre. Wie sehen Sie die wahre Sisi?
Die Art wie Sisi im Film dargestellt wurde, war mir immer fremd. Ich bin dann zufällig auf Geschichten von ihr und Äußerungen über sie gestoßen, die mich neugierug gemacht haben. Was ist das für ein Mensch, der ein Leben lang vor sich selbt flieht? Sisi war sport- und schönheitssüchtig, hatte massive Ess-Störungen. Beispielsweise trank sie gerne Milch mit Ochsenblut. Sie war einem Jugendwahn verfallen, hatte Tattoos, legte sich gegen Falten rohes Fleisch als Gesichtsmaske auf und öffnete sich radikal einem freien, sinnlichen Leben. Sisi hat vieles, was heute moderne Frauen bewegt oder früher verpönt war, vorgelebt.
Wie haben Sie sich auf diese komplexe Rolle vorbereitet?
Ich habe viel recherchiert, Bücher gelesen, und bald gemerkt, dass es mir zu viel wurde: Das Politische, die Familiengeschichte, die ganzen Wahnsinnigen dieser Zeit - das alles war schwer unter einen Hut zu bringen. Ich musste sortieren, Dinge weglassen und habe mich ganz auf Sisis inneren Zustand fokussiert. Auf ihr Bemühen, die große Sehnsucht in ihr selbst auszufüllen, dem höfischen Leben, das sie hasste, zu entfliehen.
Sie haben das Solostück selbst geschrieben. Wie ist der dramaturgische Aufbau?
Ich beginne bei Sisis Tod am Genfer See. Der Attentäter hatte mit einer dünnen Feile auf sie eingestochen, aber sie merkte den tödlichen Stich gar nicht. Dann ist sie auf dem Schiff zusammengebrochen. In dieser kurzen Spanne zwischen dem Stich und ihrem Tod lasse ich noch einmal die Bilder ihres Lebens wie Blitzlichter abrollen. Die Rückblenden reichen bis zu ihrer Geburt. Sisi hört Stimmen, spricht mit sich selbst, wird zu anderen Personen.
Sie sind Österreicherin, in Linz geboren. Hilft das bei der Verkörperung einer habsburgischen Kaiserin?
Nun ja. Ich denke ich habe eine besondere Beziehung zu Sisi, teilweise spiegelt sie meine eigene Geschichte wider. Ich bin zwar Österreicherin, wuchs aber wie Sisi in München auf und habe meine Kindheit in Holzkirchen verbracht, nicht weit davon entfernt, in Possenhofen, verbrachte Sisi mit ihrer Familie die Sommermonate. Ich spreche ihren Heimatdialekt und habe wie Sisi als junges Mädchen an Lungentuberkulose gelitten. Allerdings konnte ich, anders als die Kaiserin, die eine unglaubliche Kunstreiterin war, mit Pferden nie besonders viel anfangen.
Bei einem Einpersonenstück gibt es wenig Requisiten. Tritt Sisi in der Garderobe ihrer Zeit auf?
Zu Beginn trägt sie schon schwere, mehrlagige Röcke. Im Verlauf des Stückes ändern sich aber die Kostüme. Es gibt auch musikalische, atmosphärische Einspielungen, die ihren Seelenzustand akzentuieren. Der Verzicht auf Requisiten öffnet den Raum für die Phantasie.
Am 26. Oktober ist Premiere. Haben Sie nach 20 Jahren im Teatro D‘Arte Scarello immer noch Lampenfieber?
So langsam bekomme ich kalte Füße, aber ich freue mich auch drauf. Die Premiere ist so gut wie ausverkauft, aber für die Vorstellung am 27. Oktober gibt es noch Karten. Wenn die „Sisi“ gut ankommt, gehe ich dann im nächsten Jahr mit der Kaiserin auf Tournee.
Das Interview führte Michael Jacobs
www.allgemeine-zeitung.de/region/mainz/meldungen/12513457.htm
www.theater-im-loft.de/157240.html
17.10.2012 - MAINZ
SOLOSTÜCK Anita Steiner rollt das Leben von Kaiserin Sisi als inneren Bilderbogen auf
Sie war eine der schillerndsten Frauenfiguren des 19. Jahrhunderts: modern, unangepasst, rebellierend gegen die Etikette des Hofes. Die Schauspielerin Antia Steiner bringt das Leben der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, besser bekannt als Sisi, auf die Bühne des Theaters im Loft.
Für Generationen prägte Romy Schneider das Bild der unglücklichen Kaiserin in den romantisierenden Verfilmungen der 1950er Jahre. Wie sehen Sie die wahre Sisi?
Die Art wie Sisi im Film dargestellt wurde, war mir immer fremd. Ich bin dann zufällig auf Geschichten von ihr und Äußerungen über sie gestoßen, die mich neugierug gemacht haben. Was ist das für ein Mensch, der ein Leben lang vor sich selbt flieht? Sisi war sport- und schönheitssüchtig, hatte massive Ess-Störungen. Beispielsweise trank sie gerne Milch mit Ochsenblut. Sie war einem Jugendwahn verfallen, hatte Tattoos, legte sich gegen Falten rohes Fleisch als Gesichtsmaske auf und öffnete sich radikal einem freien, sinnlichen Leben. Sisi hat vieles, was heute moderne Frauen bewegt oder früher verpönt war, vorgelebt.
Wie haben Sie sich auf diese komplexe Rolle vorbereitet?
Ich habe viel recherchiert, Bücher gelesen, und bald gemerkt, dass es mir zu viel wurde: Das Politische, die Familiengeschichte, die ganzen Wahnsinnigen dieser Zeit - das alles war schwer unter einen Hut zu bringen. Ich musste sortieren, Dinge weglassen und habe mich ganz auf Sisis inneren Zustand fokussiert. Auf ihr Bemühen, die große Sehnsucht in ihr selbst auszufüllen, dem höfischen Leben, das sie hasste, zu entfliehen.
Sie haben das Solostück selbst geschrieben. Wie ist der dramaturgische Aufbau?
Ich beginne bei Sisis Tod am Genfer See. Der Attentäter hatte mit einer dünnen Feile auf sie eingestochen, aber sie merkte den tödlichen Stich gar nicht. Dann ist sie auf dem Schiff zusammengebrochen. In dieser kurzen Spanne zwischen dem Stich und ihrem Tod lasse ich noch einmal die Bilder ihres Lebens wie Blitzlichter abrollen. Die Rückblenden reichen bis zu ihrer Geburt. Sisi hört Stimmen, spricht mit sich selbst, wird zu anderen Personen.
Sie sind Österreicherin, in Linz geboren. Hilft das bei der Verkörperung einer habsburgischen Kaiserin?
Nun ja. Ich denke ich habe eine besondere Beziehung zu Sisi, teilweise spiegelt sie meine eigene Geschichte wider. Ich bin zwar Österreicherin, wuchs aber wie Sisi in München auf und habe meine Kindheit in Holzkirchen verbracht, nicht weit davon entfernt, in Possenhofen, verbrachte Sisi mit ihrer Familie die Sommermonate. Ich spreche ihren Heimatdialekt und habe wie Sisi als junges Mädchen an Lungentuberkulose gelitten. Allerdings konnte ich, anders als die Kaiserin, die eine unglaubliche Kunstreiterin war, mit Pferden nie besonders viel anfangen.
Bei einem Einpersonenstück gibt es wenig Requisiten. Tritt Sisi in der Garderobe ihrer Zeit auf?
Zu Beginn trägt sie schon schwere, mehrlagige Röcke. Im Verlauf des Stückes ändern sich aber die Kostüme. Es gibt auch musikalische, atmosphärische Einspielungen, die ihren Seelenzustand akzentuieren. Der Verzicht auf Requisiten öffnet den Raum für die Phantasie.
Am 26. Oktober ist Premiere. Haben Sie nach 20 Jahren im Teatro D‘Arte Scarello immer noch Lampenfieber?
So langsam bekomme ich kalte Füße, aber ich freue mich auch drauf. Die Premiere ist so gut wie ausverkauft, aber für die Vorstellung am 27. Oktober gibt es noch Karten. Wenn die „Sisi“ gut ankommt, gehe ich dann im nächsten Jahr mit der Kaiserin auf Tournee.
Das Interview führte Michael Jacobs
AUFFÜHRUNGEN Sisi „Ich wandle einsam, wie auf and‘rem Stern“ von und mit Anita Steiner Premiere: Freitag, 26. Oktober, 20 Uhr, weitere Aufführungen 27. Oktober, 8., 9. Dezember, Theater im Loft, FInthen, Bornstraße 15, Kartentelefon 06131/470246 |
www.allgemeine-zeitung.de/region/mainz/meldungen/12513457.htm
www.theater-im-loft.de/157240.html