Nicht direkt eine Sage, aber eine skurile Fußnote der österreichisch - böhmischen Geschichte ist die der Vampirprinzessin Eleonore von Schwarzenberg, die auch verfilmt wurde.
Eleonore Amalie von Schwarzenberg
Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die Epoche des Barock. Das Zeitalter der Gegensätze. Während große Teile der Bevölkerung in vollkommener Armut lebten, feierte der Adel opulente Feste. So auch in Krumau. Zu den wichtigsten Adelsgeschlechtern der Monarchie zählte die Familie Schwarzenberg.
Fürstin Eleonore Amalie von Schwarzenberg, eine gebürtige Lobkowitz und Prinzessin aus Baden bei Wien, heiratete im Jahre 1701 Fürst Adam Franz von Schwarzenberg. Das Fürstenehepaar ließ das Schloss in barockem Pomp umbauen und erweitern. Ihr Lebensstil war geprägt von großen Empfängen und rauschenden Festen. Doch das Leben der Fürstin verlief nicht lange in normalen Bahn
Von Eleonore existieren nur wenige Portraits. Auf einem lebensgroßen Gemälde ist sie mit ihrem einzigen Sohn Joseph Adam zu sehen. Die Art der Darstellung ist für ein Frauenportrait der damaligen Zeit äußerst ungewöhnlich: Das Bild zeigt sie mit Gewehr und Soldatenhut in einer Jagdszene. Das größte Geheimnis des Bildes war jedoch lange Zeit unter mehreren Schichten Ölfarbe verborgen. Erst als das Bild restauriert werden sollte, offenbarte eine Röntgenuntersuchung erstaunliche Details.
Die Leinwand, auf die der Kopf der Fürstin gemalt wurde, besitzt eine völlig andere Struktur als die des übrigen Gemäldes. Auf einem Röntgenbild sind deutlich die Nähte zu erkennen, mit denen das Stück Leinwand eingesetzt wurde. Der Kopf wurde ausgetauscht. Aber warum schnitt man die ursprüngliche Version aus dem Gemälde heraus? Wurde hier ein Bild aus rituellen Gründen geköpft? Für den Medienwissenschaftler Rainer Köppl ein deutlicher Hinweis, dass die Namen der Krumauer Prinzessin und einer der ersten literarischen Vampirfiguren sich nicht zufällig ähneln.
Wolfsmilch für die Fürstin
Eleonore war eine passionierte Jägerin. In dieser Leidenschaft übertraf sie sogar ihren Mann und veranstaltete regelmäßig riesige Treibjagden. Dabei wurde auf alles geschossen, was sich bewegte, nur nicht auf Wölfinnen. Sie erfüllten für Eleonore eine lebenswichtige Aufgabe. Wölfinnen sollten ihr zur Geburt eines männlichen Erben verhelfen. Da sich ihr Wunsch offenbar nicht auf natürlichem Wege erfüllt hatte, wählte Eleonore eine Methode, die ihre Wurzeln in der Antike hatte. Zu diesem Zweck ließ die Fürstin am Schloss Zwinger für die Wölfinnen errichten. Ihre Milch interessierte Eleonore. Doch es war nicht einfach, an sie heranzukommen.
Wolfszwinger
Beim Melken war das Heulen der Tiere vermutlich im ganzen Ort und darüber hinaus zu hören. Vielleicht näherten sich sogar wild lebende Wölfe von dem Ruf angelockt der Siedlung. All das muss in der Bevölkerung für Angst und Unruhe gesorgt haben. Überall im europäischen Volksglauben wurde den Wölfen schon seit dem Mittelalter eine Komplizenschaft mit dem Bösen angedichtet. Sie waren angeblich mit dem Satan im Bunde, Gesandte böser Geister - oder Gehilfen von Vampiren. Die damaligen Mediziner, die versuchten an die Errungenschaften der Antike anzuknüpfen, schrieben den Tieren eher Positives zu: Ihre Milch solle die weiblichen Geschlechtsorgane stärken und die Geburt von Söhnen begünstigen. Schon die Romgründer Romulus und Remus waren der Überlieferung nach von einer Wölfin gestillt worden.
Späte Geburt eines Stammhalters
Fast jeden Tag vollzog sich unter Aufsicht von Ärzten die gleiche Prozedur. Eleonore trank die Milch über Jahre hinweg, um mit über 40 Jahren endlich einen männlichen Erben zu gebären. Im Jahr 1722 passierte das, mit dem vermutlich niemand mehr gerechnet hatte: Eleonore hatte im hohen Alter einen Stammhalter geboren. Gut vorstellbar, dass sofort Gerüchte aufkamen. In dieser Zeit hielt man so etwas entweder für ein medizinisches Wunder oder für Hexerei.
Zehn Jahre nach der Geburt ihres Sohnes nahm Eleonores Schicksal erneut eine dramatische Wendung. Im Jahr 1732 wurde ihr Mann bei der Jagd nahe Prag erschossen. Der Unglücksschütze war der oberste Regent persönlich: Kaiser Karl VI. Nach dem Tod ihres Mannes holte der Kaiser Eleonores Sohn zu sich nach Wien und zahlte der Witwe einen fürstlichen Unterhalt von jährlich 5.000 Gulden. Trotzdem kam sie mit der Summe nicht aus. Wie Unterlagen aus dem Schlossarchiv belegen, war sie mehrfach von Pfändungsklagen bedroht.
Zauberrolle. Quelle: ZDF
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Magische Hilfe verspricht sich Eleonore durch eine so genannte Zauberrolle.
Hilfe durch Zauberrituale
Eleonore liebte Luxus. Sie orderte teuerste Weine, Tabak und Schmuck. Aber vor allem ein Posten schlug mit immensen Summen zu Buche: Arzneimittel. Dabei suchte sie nicht nur Hilfe bei Ärzten, sondern offenbar auch in Zauberritualen. Auf Schloss Krumau befindet sich noch heute eine so genannte "Zauberrolle", ein Papierstreifen, auf dem sich Zeichen und Sprüche zur Abwehr von diversen Geistern befinden. Die Zeichen wurden abgemalt und an jenen Orten angebracht, an denen man glaubte, besonderen Schutz zu brauchen. Zum Beispiel versuchte man sich mit einem solchen Schutzzauber bei medizinischen Behandlungen zusätzlich abzusichern.
Die Etikette zwang die Witwe zwar zum Tragen von Trauerkleidern, doch Eleonore hielt sich nicht lange daran. Sie kleidete sich nach wie vor in große barocke Roben - für die wenigen gesellschaftlichen Anlässe, die ihr noch blieben - meist Arztbesuche.
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